
Der Ort der Aufmerksamkeit
Ich hatte letzte Woche eine etwas verunglückte Kommunikation mit einer Kollegin. Aus der Kommunikationstheorie wissen wir, dass wenn überhaupt 25 % von dem was wir gesagt und gemeint haben beim Gegenüber ankommen, und wenn - wie heutzutage so oft üblich - schriftlich kommuniziert wird, dann fallen noch Stimme, Mimik, Tonfall weg ... dann wird wohl noch mehr Raum für Interpretation übrig bleiben und der Prozentsatz fällt und fällt. Konflikte entstehen, wo etwas nicht verstanden wird. Die Reaktionen sind dann ganz unterschiedlich und dem Naturell der Personen nach so breit wie das Spektrum an Emotionen und Handlungen selbst. Ein kleines Beispiel wie selektiv unsere Wahrnehmung ist: Ich habe mir mit meiner Tochter einen Film angeschaut, ein Drama in dem es um Frauenbeziehungen, Rivalitäten in Frauenfreundschaften ging, und zwar über Generationen hinaus. Aus den Freundschaften wurde Hass, Wut, Ablehnung, jede versuchte auf ihre Weise die andere abzuwerten, um sich selbst zu erhöhen, bzw erhöhte sich selbst, um damit die andere abzuwerten. Ich sagte etwas wie ..."da geht es um Wertschätzung und Augenhöhe...". Da lachte meine Tochter (sie ist Theater- Film- und Medienwissenschaftlerin) und sagte: "Spannend, du schaust durch die Mediatorinnenbrille und siehst Bedürfnisse, mir ist in dieser Szene aufgefallen, wie der Schnitt in die Haare der Hauptdarstellerin das Geschehen des Films in die Vergangenheit lenkt....".
So ist das mit dem Ort unserer Aufmerksamkeit, unserer Brille, die wir auf der Nase haben und die sehr gut filtert, was und welche Information uns erreicht. Natürlich sind diese Filter auch zweckerfüllend und sinnvoll. Sie sind Orientierungshilfen, Produkte der Vernetzungen von Informationen im Gehirn. Sie sind also weder absolut noch unveränderbar. Es kann in der Mediation eine sehr spannende Reise werden zu sehen, wie der Konflikt ohne den eigenen Filter aussieht, oder auch zu sehen wie der Konflikt durch die Filter des oder der anderen aussieht. Das ist ein mutiger Schritt sich aus der "richtig-und-falsch" Sichtweise, die uns unsere Filter zeigen, herauszubegeben in eine Welt der vielen Schattierungen...
Es ist ein bisschen wie Radfahren lernen, das erste Mal ohne Stützräder sozusagen..... das ist nicht einfach das Gleichgewicht zu halten und den richtigen Schwung zu nehmen, aber wenn man es heraußen hat, dann ist es etwas, das man auch nie wieder verlernt.
Kommentar hinzufügen
Kommentare