
Wenn die Sicherheit den Boden unter den Füßen verliert
Fest verwurzelt sein, ein gutes Urvertrauen in die eigene Kraft, die eigenen Wurzeln, sich selbst vertrauen, dem eigenen Handeln, das Wissen um das komfortable Backup, geschaffen in den letzten Jahren, das den sicheren Stand noch sicherer erscheinen lassen. Das Gefühl, dass da kein Sturm diese tiefen Wurzeln ausreißen kann und dass zwar Äste und Blätter verloren gehen können, aber der Baum steht fest. Das dachte ich von mir.
Und dann kamen Ereignisse, die außerhalb dieser Sicherheit lagen. Die Sicherheit verlor den Boden unter den Füßen. So eine Strähne hatte ich in den letzten Monaten. Das kostete viel Kraft und verunsicherte mich sehr. Mein Konzept von Sicherheit funktionierte nicht mehr. Dieser Gedanke belastete mich immer mehr, ich brauchte einen Rückzug, ein paar Tage zum Nachdenken, als Mediatorin natürlich auch zum mediativen Nachdenken.
Ich arbeite sehr gerne mit Bilder. Das Bild der Sicherheit, die Boden unter den Füßen verliert, ging mir nicht aus dem Kopf. Es zeigte für mich Haltlosigkeit, Ausgeliefert sein, was Unsicherheit nochmals verstärkte. Woran konnte ich noch glauben, woran konnte ich mich festhalten, was konnte mir Sicherheit geben?
Eine Technik, die in der Mediation auch verwendet wird ist Refraiming. Das Konzept geht auf Virginia Satir zurück. Das Problem oder der Konflikt wird in neuem "Rahmen" gesehen, damit so der Handlungsspielraum für Lösungen größer und auch die Sicht auf das Problem eine andere wird.
Ich habe nun meinen Satz "meine Sicherheit verliert den Boden unter den Füßen" mit all seinen schweren und klebrigen Konotierungen hergenommen und mir überlegt: Aber was heißt das noch? Was bedeutet das "den Boden unter den Füßen verlieren"? Was passiert da? Ich habe meinen Gedanken freien Lauf gelassen... abheben, fliegen, Leichtigkeit, Ungebundenheit. Und mit jedem Wort bekam der Begriff eine andere Färbung.
Mehr und mehr erkannte ich, wie klein der Handlungsspielraum meines vorherigen Sicherheitsbegriffs war und wie viele andere Möglichkeiten ich nicht einmal für mich in Betracht gezogen hatte.
Allein dieses kleine Gedankenexperiment erlaubte es mir zu erkennen, dass ich nicht meine Sicherheit verloren hatte, denn in den materiell und körperlich für mich brenzlichen Situationen hatte ich sehr beweglich reagiert. Ich habe meine Möglichkeiten mich abzusichern erweitert, aber das konnte ich anfangs nicht erkennen.
Das Wechseln der Perspektive, ein neuer Blickwinkel bringt so oft neue Zugänge und Erkenntnisse, und in einer schier beklemmenden, beängstigenden Situation findet sich eine Tür in eine bislang unvorstellbare Richtung.
Aus eigener Erfahrung ... ich kann es nur empfehlen ... ich wünsche meinen LeserInnen einen schönen Tag!
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