Nicht für die Schule .... oder so

Veröffentlicht am 25. Juni 2024 um 12:36

Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Ich glaube, es gibt wohl niemanden von uns, der diesen Satz nicht schon gehört hat ... oder sogar selber gesagt hat. Aber was ist das alles, was wir in der Schule fürs Leben lernen?

Rechnen, schreiben, lesen, allgemeines und spezielleres Wissen ... das wäre der Plan. Wenn ich ich an meine Schulzeit in den 70iger und 80iger Jahre denke und an die Schulzeit meiner Kinder, die die letzten 20 Jahre abdecken, dann gibt es da viel Unterricht in "sich eine dicke Haut wachsen lassen", "austeilen und einstecken", "beschämt werden und beschämen", "vorführen und vorgeführt werden", "Gruppenzwang", "Anpassung", "Machtspielchen", "Angst"... Woher kommt es , das Schule eben so oft kein inspirierender Ort zum Lernen ist, einer wo die Kinder gar nicht genug davon bekommen können? Denn grundsätzlich lernen Kinder gerne ... 100 mal das Computerspiel bis das nächste Level klappt, trotz Hitze am Sportplatz stundenlang aufs Tor schießen bis der Schuss sitzt, einen ganzen Vormittag lang die Kugel auf der Kugelbahn runter rollen lassen etc. Kinder besitzen Ambition, Ausdauer, Konzentration. Aber ich finde, dass Schule ein Ort der permanenten Beurteilung ist, alles was das Kind tut steht unter ständiger Beobachtung und Bewertung: Leistung, Verhalten, Mitarbeit. In einem Elternbrief bekam ich tadellose Unterstützung attestiert, selbst vor den Eltern macht die Beurteilung nicht halt. Können in so einem System Menschen heranwachsen, die sich selbst und ihre Umwelt annehmen können ohne ein Urteil?

Ein Pfeiler der Mediation ist die Wertschätzung. Wertschätzung heißt nicht: ich messe einer Sache eine hohe Bedeutung zu, oder ich schätze es, weil es toll ist, denn das wäre eine Bewertung, sondern Wertschätzung bedeutet: Ich respektiere deine Sichtweise, denn nur dadurch kann eine sichere Atmosphäre, ein geschützter Raum entstehen, in dem offene Kommunikation möglich ist. Wenn ich mich fürchte, dass meine Gefühle, meine Interessen, mein Beitrag abgewertet werden, dann kann kein Verständnis entstehen. Und erst wenn es ein gegenseitiges Verständnis gibt, dann ist auch die gemeinsame Suche nach einer Lösung erfolgsversprechend.

Ich plädiere für ein neues Hauptfach: Selbstverständnis und Wertschätzung ... absolut prüfungsrelevant :)

Ich möchte hier mein Anfangszitat richtigstellen, denn Seneca fragte seinen Schüler Lucilius einst kritisch hinterfragend, ob in der Denkweise der Philosophenschule das praktische Leben abgebildet werden könne: "Non vitae sed scholae discimus" und das heißt übersetzt: Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir." (epistulae morales ad Lucilium 106, 11–12, ca. 62 n. Chr.).

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